La figlia di papa

Es ist klar, um wen es sich handelt – die Tochter des Papstes, das kann nur Lucrezia Borgia sein. Dario Fo hat ihr eine Biographie gewidmet, eine Biographie vielleicht nicht im strengen Sinne, vielleicht eher eine Beschreibung ihres Lebens und seiner Umstände. Lucrezia, als Tochter des Kardinals Rodrigo Borgia und seiner Mätresse Vannozza Cattanei geboren, im Klaren über ihre Abstammung wohl erst, als ihr Vater zum Papst gewählt wird und den Namen Alexander VI annimmt, Lucrezia also hatte sicher kein einfaches Leben. Hin und her gerissen zwischen politischer Opportunität, der vor allem ihr Bruder Cesare auch gelegentlich mörderisch Nachdruck verleihen konnte, und dem Wunsch nach einem selbstbestimmten Leben, getrieben von den Intrigen an den italienischen Fürstenhöfen der Renaissance mit ihren abrupt wechselnden Allianzen und der Sehnsucht nach Liebe und Geborgenheit kommt sie in den ersten Jahren auf dem Schachbrett der päpstlichen Politik wenig zur Ruhe. Ihre ersten beiden Ehemänner sterben eines natürlichen oder gewaltsamen Todes, sie findet erst gegen Ende ihres Lebens einigermaßen Maß , Ziel und Frieden in der dritten Ehe mit Alfonso d’Este,  in der Regierung des Fürstentums Ferrara. Hier setzt sie sich für die wirtschaftlich Schwachen ein, sie implementiert eine  neue Form des Bankwesens, das die frühen Auswüchse insbesondere der venezianischen Geldpolitik abmildert, sie kümmert sich um die Rechtspflege. Überhaupt wird Lucrezia als tatkräftige Frau geschildert, die schon früh ihren Einfluß und dann ihre Macht einsetzt,  um, so abgedroschen es klingt, den Schwachen zu helfen und ihnen zu ihrem Recht  zu verhelfen.

Dario Fo beschreibt das farbige Leben der Lucrezia vor dem Hintergrund der politischen Szenerie im Italien des ausgehenden fünfzehnten und des beginnenden Sechzehnten Jahrhunderts, eine Zeit, die in der bildenden Kunst und der Literatur tiefe Furchen gezogen hat. Er bringt uns Lucrezia und ihre familiäre Umgebung nahe, Cesare Borgia und Alexander VI spielen naturgemäß eine Hauptrolle, die Beweggründe für das Handeln der Beteiligten werden so deutlich, wie man in einem Parallelogramm der Kräfte die Komponenten der Bewegungen analysieren kann. Er mag Lucrezia, und so fällt insbesondere das letzte Viertel des Buchs, das sich mit ihrer Zeit in Ferrara befaßt, angenehm warmherzig aus. 

Das Buch ist lebendig geschrieben, wie man es von diesem Verfasser nicht anders erwartet; die gelegentlichen Ausflüge ins Neapolitanische machen manche Dialoge plastisch, erleichtern das Lesen aber nicht immer.

chiarelettere, Milano, giugno 2014 (quinta edizione), 190 pagine, 13,90 Euro.

 

E.-E. Doberkat